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Stimmengewirr und Kaffeeduft – Ein Besuch im AsylCafé Passau

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Gleich rechts neben dem Eingang steht eine Gruppe junger Leute – noch ein wenig schüchtern kommt man miteinander ins Gespräch. Kaffeeduft und Stimmengewirr erfühlt den Gruppenraum im Diakonischen Werk in der Nikolastraße. Am Tisch an der Stirnseite des Raumes liegen bunte Namensschilder verstreut. Daneben stehen Kaffee, Tee, Säfte und Süßigkeiten. Um den großen U-förmigen Tisch sind vereinzelt Männer und Frauen ins Gespräch vertieft, auch Jugendliche mischen sich später darunter. Nachdem auch die Neuankömmlige einen Platz gefunden haben, sitzen Männer aus Afghanistan, deutsche Studenten, eine junge Frau aus Syrien, Passauerinnen und Somalier gemeinsam an einem Tisch. Berührungsängste sind hier fehl am Platz. Es wird darauf los geschwatzt mit seinem Sitznachbarn, egal ob dessen Muttersprache, Deutsch, Paschtun, Dari oder Russisch ist. Wenn die deutschen Vokabeln nicht mehr ausreichen, kommen Englisch oder andere Fremdsprachen zum Einsatz.

Zu erzählen haben insbesondere die Flüchtlinge viel. So kann es vorkommen, dass aus dem ungezwungenen Thema Beruf ein Gespräch über Zukunftspläne, -träume und -ängste wird. Die deutschen Teilnehmer hängen an den Lippen der Asylbewerber. Geschichten aus der Zeit als Kindersoldat, Erzählungen von langen Fluchtwegen per Auto oder Flugzeug und Erinnerungen an zurückgelassene Familien in der Heimat lassen niemanden kalt. Gleichzeitig berichten viele mit einer Begeisterung über ihre Erlebnisse in Deutschland – das Land, in dem sie hoffen bleiben zu können.

Regelmäßig alle zwei Wochen ist das AsylCafé Anlaufstelle für Asylbewerber, die in Passau und Umgebung leben, und Passaus Bewohner und Studenten. Für zwei Stunden steht dann das Knüpfen neuer Kontakte, der interkulturelle Austausch und natürlich auch das Deutsch üben im Vordergrund. “Am wichtigsten ist es, eine Plattform zu schaffen, die den Austausch und die Kontaktaufnahme zwischen Deutschen und den Asylbewerbern unterstützt”, erklärt Tassilo, 1. Vorstand des AsylCafe n. e. V. und Kulturwirtschaft-Student im dritten Semester. Er selbst ist seit über einem Jahr im Verein aktiv. Sein Interesse an der Arbeit mit Flüchtlingen wurde während seines einjährigen weltwärts-Dienstes in einem SOS-Kinderdorf in Botswana geweckt. “Als ich wieder in Deutschland war, wurde das Thema bei einigen Nachbereitungsseminaren von weltwärts zum Thema gemacht”, erinnert sich der 22-Jährige. So kommt es, dass er sich seit Studienbeginn nicht nur für das AsylCafé, sondern auch beim Passauer Bündnis für die Rechte der Flüchtlinge und der Hochschulgruppe WinD (Weltwärts in Deutschland), einsetzt.

Das AsylCafé bietet ein breites Einsatzspektrum für interessierte Freiwillige. Die Basis bilden die regelmäßigen Treffen von Einheimischen und Flüchtlingen. Hier entstehen neue Bekanntschaften und es werden Kontakte geknüpft, beispielsweise für privaten Deutschunterricht, Unterstützung bei Behördengängen oder bei der Arbeitsplatzsuche. Auch mit der Evangelischen Studentengemeinde arbeitet der Verein effektiv zusammen, hier bekommen die Asylbewerber von Ehrenamtlichen kostenlosen Deutschunterricht.

Mit etwa 30 Besuchern von jung bis alt ist das AsylCafé heute gut besucht. Elena studiert im zweiten Semester European Studies und kommt seit Mitte Oktober gerne vorbei: „Als ich letztens nach dem Treffen nach Hause gelaufen bin, hatte ich einfach das gute Gefühl, wirklich etwas zu machen. Man kommt einfach mal aus der Uni raus und beschäftigt sich mit ganz anderen Themen.“ Während ihres Praktikums bei Kika interviewte sie ein Kind in einem Asylheim und kam so mit dem Thema in Berührung. Besonderes Interesse hat sie an dem geplanten Frauentreff, den das AsylCafé in den Unterkünften der Immigranten durchführen möchte. Ehrenamtliche des Vereins möchten die Frauen in den Heimen besuchen, gemeinsam kochen und Zeit verbringen, um so für ein wenig Ablenkung vom Alltag im Heim, der stark von Ängsten und Hoffnungen bestimmt wird, zu sorgen. Während dieses Projekt gerade erst startet, plant Vorstand Tassilo in Gedanken bereits ein neues Projekt: „Mein Traum ist eine eigene refugee-law-clinic, eine Asylberatungsstelle, die die Flüchtlinge in rechtlichen Fragen berät“, erklärt der Student.

Interessierte können sich unter asylcafe@gmail.com melden oder sich auf www.asylcafe.blogspot.de informieren.